Flexibilität VS Mobilität. Was haben sie gemeinsam, was nicht?

Was ist was?

Wenn wir das Wort Yoga hörten, denken wir meist an den Begriff “Flexibilität”. Mobility, Mobilität (manchmal auch mit “Beweglichkeit”) übersetzt ist ein immer häufiger gebrauchter Begriff, der häufig synonym verwendet wird. Es ist aber tatsächlich etwas anderes als Flexibilität. Wenn “Nicht-Yogis” sagen “Ich bin zu unflexibel!” haben sie oft Bewegungen wie “Fingerspitzen zum Boden” oder “Spagat” im Kopf. Das ist an sich nicht ganz falsch - aber auch nicht ganz richtig. 😁

Eigentlich ist es ganz einfach: Mobilität ist der Bewegungsumfang, bei dem ich mit aktiver Ansteuerung und Kraft kontrolliert meinen Bewegungsspielraum erkunden kann. D. h., dass es im Umkehrschluss etwas anderes als Flexibilität ist - bei der wir uns manchmal passiv in eine Dehnung hineinsinken lassen.

Flexibilität beeinflusst unsere Mobilität, allerdings gilt das nicht andersherum. Man könnte auch sagen, dass Flexibilität die Länge eines Muskels beschreibt und Mobilität die Fähigkeit beschreibt den kompletten Bewegungsumfang zu nutzen. So ist es häufig so, dass sehr flexible (hypermobile) Menschen keine hohe Mobilität haben, weil der Körper Schwierigkeiten hat sich selbst zu stabilsieren.

Beweglichkeit ist nicht das Gleiche wie Flexibilität. Beweglichkeit ist auch nicht das Gleiche wie Kraft. Es ist vielmehr eine Kombination der beiden.
— Cameron Shayne

Ein einfaches Beispiel für dich: Stehe auf einem Bein und ziehe dein Knie zur Brust - das ist deine Mobilität. So weit, wie du das Knie zur Brust - mit deiner eigenen Kraft ziehen kannst - das ist die “active Range of Motion” (AROM). Wenn du jetzt deine Hände als Unterstützung nimmst und damit dein Knie passiv (also ohne muskuläre Unterstützung) mit den Händen nach oben ziehst, dann ist das eine passive Dehnung.

  • Flexibilität = passive Beweglichkeit mit Unterstützung durch Zug, Druck (auch durch die Schwerkraft), bezieht sich vor allem auf das Weichgewebe

  • Mobilität = aktive Beweglichkeit = Kraft + Flexibilität, mit motorischer Kontrolle ohne äußeren Zug oder Druck, bezieht sich auf alle Strukturen, die miteinander wirken (Faszien, Gelenke, Gelenkkapseln, Muskeln usw.)

Was beeinflusst unsere Mobilität?

Der Grad unserer Mobilität ist von mehreren Aspekten abhängig. In Summe ist es unsere Fähigkeit unseren Körper bzw. die Gelenke bewusst und aktiv zu bewegen, ohne dem umliegenden Gewebe irgendwie zu schaden. Dafür gibt es verschiedene Einflussfaktoren, welche wir nachhaltig verbessern können. Für dich ist wichtig zu prüfen, was dir evtl. im Weg stehen kann einen größeren Bewegungsradius zu erlangen.

  • Die Festigkeit des umliegenden Gewebes, d. h. die Stabilität der Sehnen, Bänder und Muskeln.

  • Die Gesundheit des umliegenden Gewebes, d. h. alte und frische Verletzungen, Entzündungen usw. kann unsere Mobilität stark beeinflussen

  • Die Gesundheit der benachbarten Strukturen, d. h. benachbarte Gelenke, Muskeln und andere Strukturen können eine Auswirkung auf den Bewegungradius eines anderen Gelenkes haben

  • Die Ansteuerung, Propriozeption und Geschicklichkeit, d. h. die Intelligenz deiner Bewegungen hat eine Auswirkung auf die Nutzung deines Potenzials.

Fazit: Beweglichkeit, Kraft, Geschicklichkeit und Wendigkeit ergibt ein Bewegungsmuster im vollen Bewegungsspielraum, sodass immer komplexere Bewegungsabläufe möglich sind. Wir schöpfen aus unserem Potenzial und nutzen den Körper so, wie er “gedacht” ist - mit allen seinen Strukturen und Möglichkeiten.

Wie integrieren wir das in den Yogaunterricht?

Vielleicht kennst du von uns die Ansagen, dass du alles zur Mittellinie ziehen sollst, die Füße flexen sollst, oder mit der Hüftstellung aktiv zu bleiben (anstatt dich tief sinken zu lassen) - alle diese Ansagen lassen dich aktiv in deine "ROM" - Range of Motion - gehen. Wir arbeiten am Sweet Spot und spüren unsere Kraft UND Beweglichkeit, dabei schützen wir unsere Gelenke, indem wir durch muskuläre Aktivität für Stabilität sorgen.


Ich wende diese Methode in den Yogaklassen - aber auch stark in der Animal Flow-Stunde (oder dem Kurs) an. D. h. du wirst kräftiger und beweglicher, ohne in eine passive Dehnung zu gehen. Über die aktive Ansteuerung können wir Verspannungen, Verklebungen und "fest gebackenes" Gewebe richtig geschmeidig machen. ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀
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Dabei spielt es keine Rolle warum du das machst: Egal ob Yogi, Bürohengst, Fitnessjunkie, Profisportler - es fühlt sich einfach TOLL an.

Dennoch arbeiten wir auch im Yoga mit passiver Dehnung. Im Yinyoga beispielsweise lernen wir ganz bewusst das loslassen von muskulärer Spannung. Wir verweilen länger in den Haltungen und erlauben den Strukturen so “Länge” zu gewinnen.

Was ist besser?

An unserer Flexibiltät zu arbeiten, also an unserer "Weichheit und Entspanntheit" ist nichts Schlechtes. Die beiden Konzepte von Flexiblität und Mobilität sprechen einfach auf eine unterschiedliche Art und Weise unseren Körper und Geist an. Eine gute Kombination aus beidem ist gesund und förderlich für unsere Entwicklung. Ideal ist es, wenn du an deiner Flexibilität und Mobilität arbeitest. Die Ausgewogenheit spielt wie immer eine Rolle.

Es kann sein, dass die Arbeit an der Flexibilität deine Mobilität positiv beeinflusst. Betrachte es wie “Hindernisse aus dem Weg räumen”. Ursachen für eine “niedrige Mobilität” muss jedoch nicht immer fehlende Flexibiltät sein. Ursachen können auch fehlende Aktivierung der relevanten Muskeln sein! (siehe weiter oben unter “Was beeinflusst unsere Mobilität?”)

Was kannst du tun?

Es gibt viele verschiedene Ansätze die Mobilität zu erhöhen, zu halten und verbessern.

  • Faszienarbeit: Mit Flossingbändern, Faszienrollen, Bällen und co. können myofasziele Strukturen können gelöst werden. Das gelockerte Gewebe “reagiert” dann auch anders auf Aktivierung. Hier spricht man auch oft von dem Begriff “Soft Tissue Work”, Self Myofascial Release oder Self Myofascial Treatment.

  • Budokon Yoga: In diesem Yogastil ist alles auf Mobilität ausgelegt. Passive Stretches werden fast durchgehend vermieden. Der Fokus liegt auf Mobilität.

  • Budokon Mobility: In dieser freien Bewegungsform nutzen wir Konzepte wie Kontraktion, Expansion und spiralartige zirkuläre Bewegungen um uns zu mobilisieren und zu kräftigen. Wie der Name schon sagt liegt hier der Fokus auf Mobilität.

  • Animalflow: Auch hier arbeiten wir aus der Kraft heraus. Mit den Bewegungen erlangst du Kraft und Mobilität, außerdem wird die Körperwahrnehmung und Koordination geschult.

  • Cars, Rails und Pails. Dieses Bewegungskonzept erlaubt es uns ganz gezielt an einzelnen Gelenken und muskulären Strukturen zu arbeiten.

  • Yinyoga: unterstützt vor allem den passiven Bewegungsspielraum und normalisiert den Muskeltonus.

Der wichtigste Aspekt bei Mobilität ist für mich, dass wir sie proaktiv praktizieren sollten. Vor allem Athleten, welche regelmäßig intensive Workouts absolvieren profitieren davon. Langfristig steigern wir die Leistung, die Regeneration wird verbessert und wir vermeiden Verletzungen. Grundsätzlich wird der Körper gesund gehalten. Wir lernen alles so zu nutzen, wie es “von der Natur gedacht” ist.

Dehnen ist nicht gleich dehnen.

Wir unterscheiden heute in dem Artikel noch zwei Arten der Dehnung, welche einen sehr großen Unterschied im Ergebnis machen: statisches Stretching und PNF (propriozeptive neuromuskuläre Faszilation). Keine Sorge - das musst du dir nicht merken! Du wirst gleich verstehen, worin der Unterschied besteht - und du hast die Konzepte sicherlich schon einige Male in der Yogapraxis erlebt.

Statisches Dehnen bedeutet - ganz vereinfacht - gesagt, dass wir einen Muskel für etwa min. 30 Sekunden bis ca. 20 Minuten in einer lang gezogenen Position halten. Dadurch wird unser passiver Bewegungsumfang erhöht. Das kann viel Sinn machen! Beispielsweise bei ruckartigen Bewegungen wie Unfällen. Hier kommt es weniger wahrscheinlich zu einer Verletzung.

Beim PNF passiert mehr: Während der Muskel in einer verlängerten Position ist, aktivierst du ihn gleichzeitig. Durch die gleichzeitige Anspannung tricksen wir unser Nervensystem aus. Das Prinzip ist folgendes: Dehnung könnte für deinen Körper Verletzung bedeutet, daher reagiert unser Körper häufig mit Widerstand, wenn wir in Dehnung gehen. Durch die Muskelaktivierung in der Dehnung kalibrieren wir unser Nervensystem neu. Dabei können wir mit isotonischen und isometrischen Anspannungen arbeiten, d. h. einmal mit Bewegung und einmal ohne. Auch beides in Kombination ist denkbar.

Manchmal ist es sinnvoll passives Stretching und PFN miteinander zu kombinieren.

Gelenkmobilisation

Ein interessantes Konzept, welches unsere Beweglichkeit erhöht ist auch die Mobilisierung der Gelenke. Anders als beim Dehnen sprechen wir hier nicht den Muskel(-bauch), sondern vielmehr die Strukturen um die Gelenke an. Besonders wirkungsvoll sind die sognannten CAR’s. Die Abkürzungen bedeuten Controlled Articular Rotations. Die Übersetzung dazu: „Aktive und kontrollierte Gelenkrotationen am maximalen Bewegungsradius des Gelenks“.

Ihr könnt euch diese Übungen so vorstellen: Wir versuchen ein Gelenk im vollen Bewegungsradius zu bewegen, ohne über die umliegenden Strukturen zu kompensieren. Dadurch lernen wir die Muskulatur besser anzusteuern. Auch das (wieder-)erlernen von bestimmten Bewegungen, z. b. nach Verletzungen wird so deutlich verbessert.

Die Bewegungen haben dabei bestimmte Gemeinsamkeiten: Sie sind extrem kontrolliert. Wir kontrahieren bzw. fixieren den gesamten Körper, sodass ungewollte Bewegungen (Kompensation) so gering wie möglich entstehen können. Jede CAR ist dann so etwas wie eine Auseinandersetzung mit dir und deinem Körper. Die Bewegung selbst sollte “zäh wie Kaugummi” sein, d. h. du generierst dir durch die Muskelkontraktion selbst einen Widerstand.

a movement-based integrated full-body approach that addresses all the elements that limit movement and performance including short and tight muscles, soft tissue restriction, joint capsule restriction, motor control problems, joint range of motion dysfunction, and neural dynamic issues. In short, mobilization is a tool to globally address movement and performance problems
— Kelly Starret

Wie integriere ich das in meinen Alltag?

  • Du kannst MobilityEelemente in dein Warm-Up oder in deine Cool-Down-Praxis integrieren.

  • Du kannst wöchentlich eine feste Mobility-Einheit als Workout einplanen

  • In der yogawerkstatt22 kannst du…

    • … Budokon Yoga oder Mobility oder Animal Flow besuchen.

    • … zum Schlüsselworkshop oder in die offenen Schlüsselstunden kommen.

    • … in die Yogaklassen kommen, welche sich mit dem PNF-Konzept auseinandersetzen, meist die Anusaraklassen.

    • … Yin-Yoga praktizieren, um geschmeidiger und entspannter zu werden.

 

Die yogawerkstatt22 bietet verschiedene Kurse für unterschiedliche Level (Anfänger, Intermediate, Advanced) an. In der Umgebung Ingolstadt (Kösching, Lenting, Hepberg, Wettstetten, Gaimersheim, Stammham, Demling, Oberdolling) bietet dir die yogawerkstatt22 viele Möglichkeiten. Unter anderem: Männeryoga, Rückenyoga (Schultern & Nacken), Morgenyoga, Yinyoga, Yoga für Schwangere (Pränatalyoga), Yoga für Mamis (Postnatalyoga), Yoga für den Beckenboden, Budokon (Budokonyoga, Budokonmobility), Animal Flow, Thai Yoga Massage, Yoga Lunch Break, Yoga für Senioren, Anusarayoga, therapeutisches Yoga, Yoga auf dem Board. Außerdem finden fast wöchentlich diverse Specials und Workshops statt, z. B. 108 Sonnengrüße, Retreats, Mala-Workshops.

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Ein Leitfaden für Yogaanfänger: Die Wichtigsten Begriffe im Yoga

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Warum Yinyoga?